Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) hat am Donnerstag den Untersuchungsbericht zum Brand im Maschinenraum der Ostseefähre „Huckleberry Finn“ (IMO 8618358) der Reederei TT-Line veröffentlicht. An Bord der unter schwedischer Flagge operierenden RoPax-Fähre war am 16. August 2023 ein Feuer im Bereich der Kupplung der zweiten Hauptmaschine ausgebrochen. Das Schiff konnte Travemünde anlaufen, es gab keine Verletzten. Wie bei solchen Havarien üblich, startete die BSU eine Untersuchung.
(Die Reederei hat laut BSU an Bord der „Huckleberry Finn“ nach dem Brand für nötige Verbesserungen gesorgt)
Fazit der Ermittler aus Hamburg: „Die BSU geht davon aus, dass der Fokus der Reederei auf die Gesamtheit der Kupplungsanlage geschärft ist und sich derartige Unfälle zukünftig nicht wiederholen werden. Daher sind Sicherheitsempfehlungen entbehrlich“, so BSU-Direktor Ulf Kaspera abschließend.
Die 177,20 Meter lange und 26 Meter breite „Huckleberrey Finn“ wurde 1988/1989 auf der Schichau-Seebeckwerft in Bremerhaven gebaut. Zwei Hauptmaschienn vom Typ MAN B&W 8 L 40/45, 2x MAN B&W 6 L 40/45 leisten zusammen 14.800 kW.
Am 16. August 2023 hatte die RoPax-Fähre in Travemünde abgelegt und wollte den Hafen von Trelleborg anlaufen. Neben 42 Crewmitgliedern waren auch 88 Passagiere an Bord. Gegen 4.25 Uhr wurde noch in der Lübecker Bucht der Brand im Maschinenraum von der Besatzung durch die Auslösung des Feueralarms bemerkt. Die akustische Signalgebung erfolgte zeitgleich auf der Brücke und in der Kabine des wachhabenden 2. Ingenieurs. Dieser begab sich zusammen mit einem weiteren Crewmitglied auf direktem Weg in den Maschinenraum. „Beim Öffnen der Eingangstür zum Maschinenraum nahmen sie einen dichten raumfüllenden Rauch und auch Feuer wahr“, heißt es im BSU-Bericht. Daraufhin schlossen sie die Tür wieder und aktivierten die zum Feuerlöschsystem des Schiffes gehörende „HiFog“-Wassernebel-Löschanlage. Zusätzlich wurden weitere Sprinkleranlagen manuell zugeschaltet. In der Zwischenzeit rüstete sich der eingeteilte Löschtrupp für die direkte Brandbekämpfung aus, allerdings reichte das „HiFog“-System schon zum Löschen aus.
Der Löschtrupp konzentrierte sich auf das Kühlen der Kupplung der backbordseitigen Hauptmaschine. Der leitende Ingenieur nahm die Maschine umgehend vom Netz und fuhr diese herunter, während der Kapitän das Maritime Rescue Coordination-Center der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) in Bremen informierte. Von dort aus wurden die Seenotrettungskreuzer „Bremen“ und „Felix Sand“ sowie weitere in der Nähe befindliche Schiffe informiert. Assistiert vom Notfallschlepper „Fairplay 36“ machte die Fähre um 7.48 Uhr wieder in Travemünde fest. Die Feuerwehr konnte vor Ort Entwarnung geben, mit einem erneuten Brandausbruch war nicht mehr zu rechnen.
Die BSU erhielt noch am frühen Morgen über die Verkehrszentrale Travemünde Kenntnis über den Vorfall und ein Untersuchungsteam besichtigte die Fähre. Der zweite Ingenieur konnte den Ermittlern den Ablauf des Vorfalles schildern. Schäden oder Defekte an der noch montierten Kupplung waren nicht zu erkennen, heißt es. Die Demontage der Kupplung war bereits für den Tag durch die Reederei arrangiert worden, um diese so schnell wie möglich zwecks Befundung und Reparatur zur Firma ZF Industrieantriebe zu verbringen. Die genaue Unfallursache konnte im Zuge der Untersuchung nicht ermittelt werden. Es wurden jedoch drei Fehlermöglichkeiten ausgemacht: Das Ventil 70.09 an sich war nicht defekt, aber eine Fehlfunktion wurde durch den nicht in ordnungsgemäßer Position befindlichen Schlauch verursacht. Verantwortlich hierfür kann nach Einschätzung der BSU möglicherweise ein durch die Kupplung selbst erzeugter Gegendruck gewesen sein, der den Schlauch vom Anschluss am Ventil abspringen ließ. Das Ventil 70.15 dient der Überwachung der Druckluft, eine festgestellte Leckage lässt laut BSU eine Fehlfunktion als möglich erscheinen. Und das Druckminderventil 70.13 wies einen schadhaften Schlauch auf, der eine Luftleckage verursachte. „Ursächlich hierfür ist aller Wahrscheinlichkeit nach der unsachgemäße Austausch des Schlauches durch die Besatzung, hier insbesondere die zu enge Schlauchführung“, heißt es in der Beurteilung durch die BSU.
Die nicht voll funktionsfähige Anlage habe die Kupplung im laufenden Betrieb der Hauptmaschine schleifen lassen und durch Überhitzung den Brand ausgelöst. Denn, so heißt es im BSU-Bericht: „Weiter ist davon auszugehen, dass das Öl der Zylinderölschmieranlage, welches sich großflächig im Bereich der Hauptmaschine und insbesondere unter der Abdeckung der Kupplung befand, aufgrund der Wärmeentwicklung der schleifenden Kupplung entzündete.“ Die Ermittler bewerten den Zustand der Fähre als „akzeptabel, aber nicht gut“. Im Laufe der Untersuchung wurden seitens der Reederei die angesprochenen sowie diverse, nicht kommunizierte, Defizite behoben. So wurden etwa die Zylinderölschmieranlagen der Motoren durch neue Modelle ersetzt und alle Maschinen wurden weitestgehend neu abgedichtet und Ölleckagen abgestellt.
„Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung hält die Maßnahmen der Reederei zur Verbesserung der allgemeinen Sicherheit der ‚Huckleberry Finn‘ für angemessen“, sagt Kaspera. Solche Vorfälle sollten sich daher nicht wiederholen, heißt es.
Quelle: THB/Täglicher Hafenbericht