Zum Geburstag der MS NORDSTJERNEN veröffentlicht die Lübecker Hafenrundschau ein Gratulationssschreiben von Frau Margist Distler, Nostalgische Postschiffreisen
„Für das neue Jahr so viel Glück wie Wassertropfen im Meer, so viel Liebe wie Sterne am Himmel und Wohlbefinden an jedem Tag in deinem weiteren Leben“
Liebe Freunde unserer schönen Nordstjernen,
dieser 24. Februar 1956 war ein sehr kalter Tag in ganz Deutschland. Immerhin zeigte das Thermometer in Hamburg einen Tiefstwert von -18 Grad, aber es war sonnig mit nur leichter Bewölkung. Die Elbe war dick mit Eisschollen bedeckt, und an Bord der Nordstjernen begann eine Geschichte, die heute, 65 Jahre später, immer noch nicht zu Ende geschrieben ist. Nur 14 Monate nachdem der Direktor der Reederei „Det Bergenske Dampskibsselskab“, Thomas Falck, mit der Werft Blohm & Voss einen Vertrag über den Neubau eines Schiffes unterzeichnet hatte, wurde die Nordstjernen an diesem eisigen Freitag der Reederei übergeben und machte sich sogleich auf den Weg nach Bergen, wo das neue Postschiff der BDS drei Tage später ankam. Kapitän Einar Drægebø konnte stolzer nicht sein, hatte die Nordstjernen sich doch auf dem Weg nach Norden bereits bewährt und bei einer Probefahrt im Bjørnefjorden eine Geschwindigkeit von 16,8 Knoten erreicht. Nun war sie bereit, den Liniendienst an der norwegischen Küste anzutreten. Daß dieses Schiff etwas ganz Besonderes ist, konnten die neugierigen Bergenser gleich sehen. Alle kannten die auffallende Schornsteinmarke der BDS, aber nur bei der Nordstjernen waren die drei weißen Ringe etwas schmaler und filigraner auf den schwarzen Grund gemalt. So unterschied sie sich auf einen Blick von den anderen drei Schiffen der Reederei, die auch auf der Hurtigrute eingesetzt wurden, der Midnatsol, der Nordlys und der Polarlys. Unsere Nordstjernen wurde zum erklärten „Flaggschiff“ der BDS-Hurtigrutenschiffe und bekam sogar eine Klassifizierung, die ihr Fahrten ins Ausland ermöglichten, etwas das eher ungewöhnlich für die Küstenschiffe war, da sie ja normalerweise norwegische Gewässer nicht verließen.
Kurz vor der Jungfernfahrt der Nordstjernen gab Direktor Falck der norwegischen Zeitung Aftenposten ein Interview, in dem er u.a. über die Ticketpreise für die Küstenpassage sprach. Diese mußten aufgrund der großen Investitionen der Reederei nach dem Krieg etwas erhöht werden. Seine Bedenken galten allerdings nicht seinen Landsleuten, die sich womöglich über die höheren Preise beschweren würden. Nein, er dachte bereits an Touristen und im speziellen an Passagiere aus Amerika. Für die Gäste aus Übersee waren die Preise nämlich gar nicht so unerschwinglich, so daß Thomas Falck tatsächlich befürchtete, daß man dort die Reisen als minderwertig ansehen könnte und sich deswegen niemand trauen würde, mitzufahren…
Am 1. März 1956 war also der große Tag gekommen. Die Nordstjernen brach zu ihrer ersten Fahrt als Hurtigrutenschiff auf. Der Festungskai im Herzen der Stadt Bergen war überfüllt mit Menschen, die zum Schiff strömten. Die norwegische Wochenschau berichtete über „ein hypermodernes Schiff, auf das sich die Bevölkerung entlang der Küste freuen dürfen“. Die Tageszeitung Bergensavisen zitierte Direktor Falck, der seinen Stolz über die Nordstjernen nicht verbergen konnte: „wir haben allen Grund, mehr als zufrieden zu sein und sind begeistert. Die Nordstjernen ist ein äußerst robustes Seeschiff, auch bei schlechtem Wetter, Seegang und Wellen“. Wie recht Herr Falck doch hatte…
Bei ihrem ersten Anlauf in Ålesund am 2. März 1956 konnte sie nicht rechtzeitig gestoppt werden, fuhr auf ein deutsches Frachtschiff auf, welches wiederum auf einen Trawler geschoben wurde. Sowohl der Frachter als auch der Trawler hatten deutliche Schäden an ihren Hecks – die Nordstjernen aber nur eine kleine Beule am Bug… Das neueste Schiff der Hurtigrutenflotte wurde in den Häfen entlang der norwegischen Küste rasch zu einer guten Bekannten. Bereits nach kurzer Zeit nannte man die Nordstjernen überall nur liebevoll „Stjerna“ – und noch heute ist und bleibt sie für immer unser kleines „Sternchen“. Sie hat etwas geschafft, das nicht vielen Schiffen in ihrem Alter vergönnt ist. Sie ist mit 65 Jahren als aktives Passagierschiff immer noch unterwegs – eine wahre Schönheit, nach der man sich umdreht, wenn man das Glück hat, sie auf ihren Reisen zu sehen. Was für ein außergewöhnliches Schiffsleben sie doch hat, das nie zu Ende gehen möge. Dafür sorgen die „besten Passagiere der Welt“, die ihrer „Stjerna“ nun schon so lange die Treue halten und immer wieder mitfahren…
Tja, viel gibt es nun ja nicht mehr zu sagen – außer vielleicht noch dies:
65 Jahre sind es wert, daß man dich besonders ehrt. Darum wollen wir dir sagen: es ist schön, daß wir dich haben!
Herzliche Glückwünsche zu Deinem Geburtstag, liebe Nordstjernen!
Vielleicht stoßen wir nun alle auf unsere „Stjerna“ an, trinken auf eine glückliche und vor allem sorgenfreie Zukunft und denken fest an sie in ihrem Winterlager in Danzig, wo sie schon darauf wartet, wieder mit uns in See stechen zu können!
Bis zu einem gesunden und hoffentlich baldigen Wiedersehen verbleibe ich
mit nostalgischen Grüßen
Eure/Ihre
Margit Distler
auch im Namen von Indre Nordhordland Dampbåtlag/Vestland Classic
sowie der gesamten Besatzung der Nordstjernen.
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