Hafenbetreiber, Nautischer Verein und die Schiffsmakler-Vereinigung fordern, dass der Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals nicht ausgesetzt wird. Auch Parteien reagieren mit Bestürzung.

(838 Millionen Euro soll der Ausbau des 62 Kilometer langen Elbe-Lübeck-Kanals kosten. Zugleich nehmen die Ladungsmengen immer weiter ab.)

 

200 000 Tonnen Schüttgüter wollte ein großer Kunde mit Binnenschiffen über den Elbe-Lübeck-Kanal transportieren. Das Vorhaben scheiterte, weil die Schleusen nicht ausgebaut und die Schiffe veraltet seien, erklärt Sven Lohse, Geschäftsführer der Firmengruppe Lehmann, die jährlich 2,4 Millionen Tonnen Ladung umschlägt. „Wir nehmen mit Fassungslosigkeit und Unverständnis zur Kenntnis, dass die vorgesehene Planung für einen Vollausbau des Kanals gestoppt worden ist.“

Ohne diesen Ausbau würde der Hafenstandort Lübeck weiter an Bedeutung verlieren, mahnt Lohse. Wenn es nicht gelinge, den Kanal an die neue Generation von Binnenschiffen anzupassen, „wird es dramatische Auswirkungen für den Hafenstandort Lübeck haben“, erklärt der Geschäftsführer der Lehmann-Gruppe, die schon jetzt über 200 000 Tonnen im Jahr über den Elbe-Lübeck-Kanal verschifft.

(Sven Lohse, Geschäftsführer der Lehmann-Gruppe: „Ohne den Vollausbau des Kanals wird der Hafenstandort Lübeck weiter an Bedeutung verlieren.“)

 

 

Binnenschifffahrt ist wichtig für die Verkehrswende

Die Vereinigung der Lübecker Schiffsmakler und Schiffsagenten spricht von einer Fehlentscheidung, die viele Konsequenzen habe. „Eine Investition in neue Schiffe erfolgt nur, wenn auch die Sicherheit der Rentabilität und Nutzbarkeit der Wasserstraßen inklusive Schleusen gegeben ist“, sagt der Vorsitzende Philipp Geißler, „die Zurückstellung wird entsprechende Interessenten wie schon aktuell weiter davon abhalten, den Kanal zu nutzen.“

Gerade die Binnenschifffahrt sei eine im Vergleich zum Straßentransport umweltfreundliche Methode und sollte im Rahmen der Energie- und Verkehrswende eine gewichtige Rolle spielen, erklärt Geißler: „Diese Chance wird vertan, wenn der Ausbau weiter verzögert oder sogar komplett gestoppt wird.“

Verein: Allgemein gehen Ladungsmengen derzeit zurück

Der Nautische Verein Lübeck reagiert ebenfalls mit Unverständnis. Nur ein Vollausbau, so wie im Bundesverkehrswegeplan 2030 vorgesehen, schaffe die erforderliche Voraussetzung für eine zeitgemäße Binnenwasserstraße, sagt Torben Brenker vom Vorstand. Dass aktuell die Ladungsmengen, die auf der Wasserstraße transportiert werden, so stark rückläufig sind, sei ein „Phänomen der allgemeinen Entwicklung im Schifffahrtsbereich“. Der Ausbau des Kanals sei weiterhin dringend geboten, sagt der Nautische Verein.

(Philipp Geißler, Vorsitzender der Lübecker Schiffsmakler und Schiffsagenten, spricht von einer Fehlentscheidung.Foto: VLSS)

 

Auch die Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG) äußert völliges Unverständnis. Die unter Umweltschutzgesichtspunkten erwünschte Verlagerung von Mengen auf das Binnenschiff sei derzeit nur unzureichend möglich, erklärt die LHG-Geschäftsführung, aufgrund der kleinen Schleusen und zu geringer Tauchtiefe sei nur den Einsatz kleinerer 80-Meter Schiffe erlaubt, während auf deutschen Wasserstraßen mindestens 100-Meter Schiffe üblich seien. „Ohne die erforderliche Infrastruktur hätte das Binnenschiff daher mittelfristig kaum eine Chance“, sagt die LHG, „bloße Bestandserhaltung reicht eben nicht aus.“

Wäre der Kanal für die heute üblichen Schiffsgrößen passierbar, dürften die Verkehre aller Wahrscheinlichkeit nach zunehmen, vermutet die Hafen-Gesellschaft: „Insoweit ist die rückläufige Transportstatistik nur ein Spiegelbild der unzureichenden Infrastruktur.“ Durch einen weiter verzögerten oder gar einen endgültigen Stopp des Ausbaus würde der Hafen Lübeck an Zukunftschancen verlieren.

„Massengüter gehören auf das Schiff“

Die Lübecker FDP reagiert bestürzt auf den Ausbaustopp. „Wir haben fest mit einem weiteren Ausbau gerechnet, haben uns stets für diesen eingesetzt und halten diesen Ausbau für Lübeck, aber auch für die Region, nach wie vor für zwingend erforderlich“, sagt der verkehrspolitische Sprecher Thomas Markus Leber.

„Massengüter gehören nach unserer Auffassung auch auf das Schiff“, erklärt der Fraktions-Vize, „da ist wenig tröstlich, dass ein zuverlässiger Betrieb der Schleusen auch weiterhin gewährleistet sein wird, und drei weitere Brücken auf eine Durchfahrtshöhe von 5,25 umgestellt werden.“

Die CDU-Fraktion Lübeck fordert die Wiederaufnahme der Maßnahmen und sieht die Bundestagsabgeordneten der Region am Zug. „Das Ausstoppen der Erweiterungsmaßnahmen ist ein Schlag ins Gesicht für die gesamte Region“, sagt Fraktionschef Oliver Prieur: „Der Elbe-Lübeck-Kanal muss fit gemacht werden für den modernen Binnenschiffverkehr.“ Nur durch die Umsetzung des beschlossenen Ausbaus könne der Gütertransport über den Kanal in Zukunft auch wirtschaftlich attraktiv bleiben. Die Binnenschifffahrt entlaste zudem den Gütertransport auf den Straßen und sei dabei deutlich klimafreundlicher. Prieur: „Wir fordern unsere Lübecker Bundestagsabgeordneten auf, sich für die Wiederaufnahme des Kanal-Ausbaus einzusetzen.“

Quelle: LN / Kai Dordowsky

Kategorien: Allgemein

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