Fachkongress der HTG mit 500 Teilnehmern – Infrastruktur geht ins Geld
Der Skandinavienkai in Lübeck-Travemünde ist heute eine der tragenden Säulen im Gesamtgebilde des Lübecker Hafens, in dem gleich mehrere bedeutende Terminal- und Logistikunternehmen erfolgreich wirken.
Herzstück für die Hafen-Gruppe Lübeck: Der Skandinavienkai in Travemünde. Zu ihm gehört auch das BRG.
Die Inbetriebnahme des damals weit vor den Toren der alten Hansestadt neu gebauten Hafenteils erfolgte im Sommer 1962, aus heutiger Sicht sehr bescheiden. Betreiber dieser Anlage ist bis heute die Lübecker Hafengesellschaft (LHG). In den zurückliegenden Jahrzehnten wurde an diesem das Ortsbild von Travemünde bestimmenden Hafenteil intensiv gebaut. Auch vor dem Hintergrund veränderter Schiffsgrößen, wachsender Gütermengen oder der Forderung nach einer besseren Verknüpfung von See- und Landtransport, etwa per Bahn. Der Baltic-RailGate(BRG)-Terminal, 2003 in Betrieb genommen, steht dafür.
Die Veränderungen an diesem Skandinanvienkai waren auch Gegenstand eines Fachvortrages der Hafentechnischen Gesellschaft (HTG) im Rahmen des diesjährigen Kongresses. Eine 25.000 Quadratmeter große neue Logistikhalle, eine 85 mal 65 Meter große Fährhalle, sieben Hektar neue Aufstellfläche und eine für größere RoRo-Schiffe geeignete Kaianlage: Der Lübecker Hafen investiert kräftig, um optimal vorbereitet zu sein auf das erwartete weitere Mengenwachstum. Bauingenieur Guido Kaschel, Leiter der Lübeck Port Authority (LPA), ging vor den Teilnehmern des Kongresses en detail auf die weiteren Projektschritte ein. Kaschel weiter: „Wir wollen den ‚Port of Lübeck‘ für übermorgen gestalten.“ 2030 sollen rund 25 Millionen Tonnen Güter nur an diesem Terminal umgeschlagen werden. 2018 waren es am Skandinavienkai gut 17,9 Millionen Tonnen. Mehr als 500 Teilnehmer waren drei Tage lang in Lübeck zu Gast, um sich auf Einladung der HTG zu aktuellen Themen auszutauschen. Der Hafen der Stadt Lübeck, der sich in einen öffentlichen und einen privaten Teil gliedert, war eines der Schwerpunktthemen. 35 Prozent Anteil am Umschlag aller deutschen Ostseehäfen entfallen auf Lübeck, der Großteil des Lübecker Gesamtumschlags, das heißt konkret 72 Prozent, sind auf den Skandinavienkai fokussiert.
Das alles kostet natürlich Geld: Rund 25 Millionen Euro entfallen allein auf die Stadt Lübeck für den Ausbau des Skandinavienkais. Auch das gehört zum Gesamtvorhaben: Lübeck stellt sich auf das LNG-Zeitalter in der Schifffahrt ein. Eine entsprechende Anlage zur Versorgung der Schifffahrt, vor allem der RoPax-Frachter, soll 2025 in Lübeck-Travemünde verfügbar sein. Und auch das gehört zum Gesamtprojekt Skandinavienkai zukunftsfit gestalten: Am BRG werden die Gleisanlagen „gestreckt“. Der Grund: Auch in Deutschland sollen künftig Güterzüge viel länger unterwegs sein. Darauf müssen die Bahn-Terminals wie der BRG vorbereitet sein. Das heißt: von heute 720 Metern auf künftig 835 Meter. Wer die Gegebenheiten vor Ort kennt, der weiß, dass das für sich genommen eine große Aufgabe ist: für den Terminalbetreiber, der die Abfertigung „unter dem laufenden Rad“ weiter aufrechterhalten muss, und auch für die Bauingenieure, denn das Gelände hat es in sich.
Chefplaner Kaschel war übrigens 2018, nach gut 21 Jahren bei der Hamburg Port Authority (HPA), als Leiter der LPA an die Ostsee gewechselt. Er ist ehrgeizig. „Wir sind ein kleiner Hafen, aber wir haben viel vor“, berichtete er gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Michael Siemensen. Der Geologe stellte die Bauarbeiten für die Hafenerweiterung vor. 1,4 Millionen Kubikmeter Boden mussten abgefahren und in einer alten Sandgrube verfüllt werden, um Platz für den neuen Forstprodukte-Terminal zu schaffen. Am 15. November soll das Projekt eingeweiht werden, stellte Siemensen in Aussicht.
LPA-Leiter Kaschel betonte, dass das Kernnetz der Deutschen Bahn (DB) die Anforderungen des Hafens als landseitige Anbindung sicherstellen müsse. Aber auch die seewärtige Anbindung sei wichtig. „Die europäische Bedeutung unseres Hafens muss sich auch im neuen Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP 2030) widerspiegeln.“ Die HTG nutzte den Kongress in der Musik- und Kongresshalle (MUK) auch für eine Fachausstellung. So präsentierten Mitarbeiter der HPA einen digitalen Zwilling des Hamburger Hafens. „Pilotprojekte und Bauten wie die Freihafenelbbrücke oder die Köhlbrandbrücke können wir in unserer Virtual Reality bereits zusammenführen“, erklärte HPA-Mitarbeiter Momme Petersen. „Das ist wichtig, weil wir für anstehende Planungen wie den Möglichkeiten für den Ersatz der Köhlbrandbrücke dann verschiedene Alternativen darstellen können“, sagte er. „Ziel ist es, den Hafen in allen Bereichen zu vernetzen. Das soll bis dahin reichen, dass Lastwagenfahrer sehen können, wo sie freie Parkplätze finden“, so Petersen. „Wir konnten bei unserem Kongress einige neue Themen entwickeln, bei denen wir uns in Zukunft verstärkt einbringen wollen“, zog HTG-Geschäftsführer Michael Ströh gegenüber dem THB Bilanz.
Quelle: THB/Täglicher Hafenbericht