Stadtverwaltung lässt politische Gremien über neues Vorgehen beraten
(Hubbrücke Lübeck weiterhin gesperrt. Foto: HL)
Die Hansestadt Lübeck sieht sich gezwungen, ihre Beteiligung an der Sanierung der historischen Eisenbahnhubbrücke neu zu bewerten. Die Sanierung der im Eigentum des Bundes befindlichen Brücke wird durch die Wasserstraßen – und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) geplant. Grund für eine notwendige Neubewertung ist eine drastische Kostensteigerung, die von der Hansestadt Lübeck zu tragen wäre: Die ursprünglich auf rund 9 Millionen Euro geschätzten städtischen Ausgaben belaufen sich inzwischen auf über 22 Millionen Euro – eine Erhöhung auf das 2,5-Fache.
Angesichts der massiv gestiegenen Kosten schlägt die Hansestadt Lübeck der Bürgerschaft jetzt eine Neuausrichtung der städtischen Beteiligung vor. Ziel ist es, eine wirtschaftlich tragfähige Lösung zu finden, ohne die Barrierefreiheit für den Fuß- und Radverkehr aus dem Blick zu verlieren.
Ausgangspunkt: Sanierung des gesamten Hubbrückenensembles
Im Jahr 2021 hatte die Bürgerschaft einstimmig beschlossen, die Eisenbahnhubbrücke zu einer barrierefreien Geh- und Radwegverbindung umzubauen – mit der ausdrücklichen Ablehnung einer Lösung über Aufzüge. Damit sollte nicht nur die historische Struktur erhalten, sondern auch eine moderne Nutzung im Sinne der Verkehrswende ermöglicht werden. Teil dieses Beschlusses war auch die Prüfung der Rechtslage zur Kostentragungspflicht sowie eine Regelung für eine haushaltsverträgliche Finanzierung und die Sicherung der Option auf eine spätere Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit.
Die Verantwortung für die Umsetzung der Gesamtmaßnahme liegt bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV), die die Brücken technisch betreut und saniert. Die Kosten für Umbauten sowie Unterhaltung der Eisenbahnhubbrücke muss jedoch die Hansestadt Lübeck tragen.
Kosten steigen um mehr als das Doppelte
Auf Basis der ursprünglichen Schätzungen aus dem Jahr 2019 wurde der städtische Anteil damals mit rund 9 Millionen Euro veranschlagt. Inzwischen hat sich die Kostenprognose jedoch dramatisch verändert: Die Hansestadt Lübeck müsste nach aktueller Berechnung der WSV rund 22,2 Millionen Euro aufbringen – unter anderem für Baukosten, Bauleitung, Straßenanbindung und die Ablösung der Betriebs- und Unterhaltungskosten für die kommenden 60 Jahre. Ein erheblicher Teil der Kostensteigerung ergibt sich dabei aus allgemeinen Preisentwicklungen im Bausektor – seit 2019 ist der Baukostenindex um rund 48,6 Prozent gestiegen.
„Diese Entwicklung zwingt uns, den bisherigen politischen Beschluss zur Sanierung der Eisenbahnhubbrücke im Verbund mit dem Gesamtprojekt neu zu überdenken“, erklärt Bürgermeister Jan Lindenau. „Die finanziellen Spielräume der Stadt sind begrenzt und die Möglichkeit zur weiteren Kreditaufnahme durch das Land Schleswig-Holstein bereits im letzten Haushalt gekürzt worden. Wir müssen abwägen, was mit den vorhandenen Haushaltsmitteln mit Blick auf das Gemeinwohl und die Haushaltsstabilität tatsächlich machbar ist – und gleichzeitig eine funktionale Lösung für die Bürgerinnen und Bürger bieten, die der Bund zügig umsetzt.“
Keine Einigung über Finanzierung möglich
Die Stadt hatte ursprünglich gehofft, mit der WSV eine tragbare Lösung über eine jährliche Zahlungsweise der Unterhaltungskosten zu vereinbaren. Diese Möglichkeit wurde jedoch von der WSV abgelehnt – die Hansestadt Lübeck müsste sämtliche Kosten parallel zum Baufortschritt und in einer Summe begleichen. Dies macht das Projekt für die Stadt haushaltstechnisch kaum noch leistbar.
Ein externes Rechtsgutachten bestätigte zudem, dass die Hansestadt Lübeck die alleinige Kostenträgerin für den Umbau ist – da dieser als freiwillige Erweiterung des Bestandsbauwerks gilt. Geplant war, die ehemalige Eisenbahnbrücke für den Fuß- und Radverkehr zu ertüchtigen.
Aufzüge statt Umbau – Einsparung von rund 20 Millionen Euro
Angesichts der aktuellen Entwicklungen schlägt die Stadtverwaltung vor, den Umbau der Eisenbahnhubbrücke nicht weiterzuverfolgen und stattdessen die Barrierefreiheit durch zwei Aufzüge an der hochstehenden Gehwegbrücke herzustellen. Diese Lösung verursacht mit rund 800.000 Euro nur einen Bruchteil der bisherigen Kosten und ist technisch sowie denkmalverträglich umsetzbar.
Die entsprechenden politischen Beschlüsse aus dem Jahr 2021 sollen aufgehoben werden, um das neue Vorgehen zu ermöglichen.
„Der Einbau von Aufzügen an die Gehwegbrücke ist sicher nicht die ursprünglich gewünschte Option – aber ein tragbarer Kompromiss. Er stellt eine funktionale und städtebaulich vertretbare Lösung dar – ohne die enormen finanziellen Belastungen des Umbaus. Wir würden damit zumindest eine barrierefreie Querung für alle Menschen, insbesondere für mobilitätseingeschränkte Bürgerinnen und Bürger ermöglichen. So handeln wir sozial wie wirtschaftlich verantwortungsvoll“, erklärt Bausenatorin Joanna Hagen.
Option für späteren Umbau
Die Stadt weist zudem darauf hin, dass auch bei Verzicht auf den sofortigen Umbau der Eisenbahnhubbrücke einige vorbereitende Baumaßnahmen im Zuge der WSV Sanierung durchgeführt werden könnten. Damit würde die Option erhalten bleiben, zu einem späteren Zeitpunkt – falls finanzielle Mittel zur Verfügung stehen – den Umbau dennoch umzusetzen. Die Kosten für das Vorrüsten der hierfür notwendigen Bereiche betragen zum jetzigen Zeitpunkt etwa acht Millionen Euro. Die Kosten für den Gesamtumbau können dann je nach Zeitpunkt des späteren Umbaus weiter steigen. Gegen diese Option sprechen allerdings aus Sicht der Verwaltung mehrere schwerwiegende Gründe:
· Die gewünschte Barrierefreiheit ist mit den Aufzügen bereits erreicht, somit entfällt ein Hauptgrund für den Umbau.
· WSV müsste erneut Kapazitäten haben und den Umbau durchführen. Die Prioritäten werden nach Abschluss des Bauprojekts jedoch woanders liegen und eine weitere Baumaßnahme an den Hubbrücken nicht vordinglich betrieben.
· Die städtische Finanzlage bleibt voraussichtlich angespannt, die Wahrscheinlichkeit für eine spätere Umsetzung ist sehr gering.
Politik muss neu entscheiden
Die Stadtverwaltung legt den politischen Gremien nun eine neue Beschlussvorlage vor, mit der die bisherigen politischen Beschlüsse zum Umbau der Eisenbahnhubbrücke aufgehoben und durch das neue Verfahren ersetzt werden sollen. Die Beratungen in den Ausschüssen beginnen am 5. Mai 2025.
Die Verwaltung schlägt dabei ausdrücklich keinen vollständigen Rückzug vor – sondern eine pragmatische Lösung für eine barrierefreie Erschließung über eine Aufzuglösung.
Die neue Beschlussvorlage wird ab dem 28. April 2025 in die Beratungsfolge der politischen Gremien eingebracht. Die finale Entscheidung soll am 22. Mai durch die Bürgerschaft erfolgen.
Die Verwaltung verweist außerdem darauf, dass die Nutzung der Eisenbahnhubbrücke für den Rad- und Fußverkehr nur begrenzt Verbesserungen gebracht hätte. Ein Großteil der umliegenden Wegeinfrastruktur sei ohnehin nicht barrierefrei und müsse aufwendig angepasst werden.
Die Beschlussvorlage können Interessierte unter https://www.luebeck.de/de/rathaus/politik über VO/2025/14059 einsehen.
Quelle: PM/Hansestadt Lübeck