Überraschung: Ein Gewerkschafter soll Aufsichtsratschef bei der Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG) werden. Die SPD will DGB-Nord-Chef Uwe Polkaehn haben. Unklar ist, ob das den Kurs der LHG ändert.
Entscheidender Wechsel: Die Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG) soll einen neuen Vorsitzenden im Aufsichtsrat bekommen. Erstmals soll ein Gewerkschafter den Posten übernehmen. So will es die SPD. Ihr Vorschlag: Uwe Polkaehn (64), der Chef des DGB Nord. Die Bürgerschaft muss über die Neubesetzung des Aufsichtsrates entscheiden – voraussichtlich am 25. Juni. Allerdings: Die Wahl gilt als Formalie. Denn traditionell stellt die SPD den Aufsichtsratschef der LHG.
Ein Gewerkschafter kommt
Nun soll ein Gewerkschafter ran. Im Kontrollgremium der wichtigsten städtischen Gesellschaft soll Polkaehn sitzen. „Das ist eine sehr bewusste Wahl“, bestätigt SPD-Fraktionschef Peter Petereit auf LN-Anfrage. Denn Polkaehn sei „sehr qualifiziert“. Er habe Erfahrung aus anderen Aufsichtsräten, kenne sich in Lübeck und mit dem Hafen aus. Polkaehn selbst will nichts dazu sagen. „Kein Kommentar“, ist seine Antwort auf LN-Anfrage. Er steht seit 2010 an der Spitze des DGB Nord. Zuvor war er sieben Jahre lang Regionschef Lübeck.
(Uwe Polkaehn ist Chef des DGB-Bezirks Nord. Er wird als künftiger Aufsichtsratschef gehandelt.)
Ein Unternehmer geht
Spannend bei dem Wechsel: Ändert sich dadurch der Kurs der LHG? Ein Gewerkschafter kommt, ein Unternehmer geht. Uwe Lüders (67) stand lange an der Spitze des LHG-Aufsichtsrates. Seit 2015 sitzt er in dem Gremium – ebenfalls auf SPD-Ticket. Lüders war erfolgreicher Vorstandschef der Possehl-Unternehmensgruppe bis 2017. Mittlerweile ist er im Ruhestand. Nach LN-Informationen hat er den Posten des Aufsichtsrats-Chef bereits im März niedergelegt. Gewusst davon haben die Stadt und die SPD. Die Öffentlichkeit haben sie darüber aber nicht informiert.
Wie sich die Macht verschiebt
Wichtiges Detail: Mit wem sitzt der Aufsichtsratschef zusammen, bevor die Sitzung des Gremiums startet? Bei diesen Treffen werden die wichtigsten Punkte der Sitzung vorab besprochen. Lüders hat stets mit den Vertretern der LHG-Eigentümer zusammengesessen, bevor der Aufsichtsrat getagt hat. Sein Vorgänger hat das anders gemacht. Als Landtagsabgeordneter Thomas Rother (SPD) den Vorsitz im Aufsichtsrat innehatte, traf er sich immer mit den Arbeitnehmern, bevor der Aufsichtsrat tagte. Wenn nun ein Gewerkschafter Aufsichtsratschef wird, könnte diese alte Konstellation aufleben – und die Arbeitnehmer wieder bei den Vorab-Treffen dabei sein. Dadurch kann sich die Macht im Aufsichtsrat verschieben.
Kooperation im Aufsichtsrat?
Der Wechsel im Aufsichtsrat kommt in einer entscheidenden Phase. Die LHG ist durch die Corona-Krise gebeutelt – und zudem steckt sie mitten in der Sanierung. Die LHG wird ihren Sanierungskurs noch radikaler fahren müssen, damit das Unternehmen wieder in sicheres Fahrwasser kommt. Ein Gewerkschafter an der Spitze der LHG kann dabei den Kurs entscheidend mitbestimmen – auf zwei Arten. Variante eins: Als Gewerkschafter kann Polkaehn versuchen, die Hafenarbeiter zu überzeugen und für einen härteren und schnelleren Sanierungskurs zu gewinnen. Und damit den LHG-Chef Sebastian Jürgens unterstützen.
Opposition im Aufsichtsrat?
Variante zwei: Polkaehn kann eine Opposition im Aufsichtsrat organisieren gegen den LHG-Chef. Denn: Mit ihm wäre eine linke Mehrheit möglich in dem Gremium. Im Aufsichtsrat sitzen neun Leute: drei Arbeitnehmervertreter, zwei Vertreter der LHG-Eigentümer (Stadt und Rreef) – sowie vier politische Vertreter. Für die SPD wäre das Polkaehn, für die Linke sitzt Doris Willmer in dem Gremium, für die Grünen Thorsten Fürter,und die CDU stellt Ellen Ehrich. Die linke Mehrheit käme durch SPD, Linke und drei Arbeitnehmer zustande.
Quelle: LN/Josephine von Zastrow