So manche Spaziergänger, die am Montagvormittag in Travemünde oder auf dem Priwall bei den Fähranlegern unterwegs waren, rieben sich verwundert die Augen: Die neue Hybridfähre „Welt ahoi!“, die elf Monate fast ununterbrochen fest vertäut am Kohlenhofkai lag, pendelte plötzlich anstelle der 25 Jahre alten „Pötenitz“ zwischen der Halbinsel und dem Seebad. Nicht als Leerfahrt, wie immer wieder mal in diesem Jahr, sondern mit Kraftfahrzeugen, Radfahrern und Fußgängern an Bord, zum ersten Mal im Routinebetrieb.
Laut Stadtwerke-Sprecherin Anna-Lena Schildt hätten in der vorigen Woche bereits mehrere Testfahrten der „Welt ahoi!“ ohne Passagiere und Kraftfahrzeuge stattgefunden. Seit Montag, 28. Oktober, werde die Fähre zeitweise nun auch im Fahrgastbetrieb eingesetzt und befördere parallel zu einer weiteren Fähre Fahrgäste vom Anleger Travemünde zum Priwall und zurück.
Weitere Test unter Normallast
Die Fahrten würden weiterhin intensiv genutzt, um festgestellte und behobene technische Mängel in unterschiedlichen Systemkomponenten unter Last zu prüfen und potenzielle Fehlerquellen frühzeitig zu erkennen. Dabei stehe der Stadtverkehr in engem Austausch mit den Experten der Werft.
Die Premiere der Hybridfähre am Montag fand fast auf den Tag genau elf Monate nach der Ankunft des Fünf-Millionen-Euro-Schiffs in Travemünde statt. Am 27. November 2023 traf die „Welt ahoi!“ im Seebad ein, begrüßt von Stadtwerke-Geschäftsführer Andreas Ortz und dem damaligen Stadtwerke-Aufsichtsratschef Ulrich Pluschkell (SPD). Am 14. Mai 2024 erfolgte die Schiffstaufe mit einem feierlichen Zeremoniell.
„Welt ahoi!“ mehrmals nach Probefahrten zurück in die Werft
Gebaut wurde die Autofähre mit diesel-elektrischem Antrieb in der Stralsunder Werft Ostseestaal. Nach der Kiellegung am 9. November 2022 verließ das Hybridschiff Anfang Juni 2023 zum ersten Mal die Werfthalle. Doch immer wieder musste die Fähre nach Probefahrten auf der Ostsee zurück in die Werft. „Das eine oder andere“, so hieß es damals von der Pressestelle der Stadtwerke, müsse noch geklärt werden.
Geklärt werden musste offenbar auch noch einiges, als die „Welt ahoi!“ längst in Travemünde lag. Zuerst waren es die Ladeklappen, die nicht zu den Anlegern passten, später dann zeigten sich Fehler bei der Steuerungssoftware, den Batteriepacks und verschiedenen anderen Hardwarekomponenten. Alle Beteiligten seien sich darüber einig, dass es zielführender sei, bis auf Weiteres auf jegliche Fahrten zu verzichten, um von Grund auf die Behebung aller Fehler anzugehen, teilte die Pressestelle vor vier Wochen auf LN-Anfrage mit.
Ob die umgebauten Ladeklappen im Dauerbetrieb praxistauglich sind, muss sich vermutlich erst noch zeigen. Bei den ersten Fahrten am Montag waren jedenfalls zwei Mitarbeiter des Fährbetriebs extra dafür abgestellt, darauf zu achten, dass die Kraftfahrzeuge sehr langsam von der Fähre fuhren. Denn zwischen den Klappen und dem Anleger besteht ein Höhenunterschied von mehr als 15 Zentimetern. Autos mit tiefergelegtem Fahrwerk könnten dort Probleme bekommen, ebenso wie Rollstuhlfahrer und gehbehinderte Menschen mit Rollator.
Problematisch im Routinebetrieb könnte vielleicht auch werden, dass auf der neuen Fähre nur eine Zugangsmöglichkeit für Fußgänger und Radfahrer vorgesehen ist, anders als bei den alten Fähren „Travemünde“ und Pötenitz“, bei denen beide Seiten genutzt werden können. Laut Stadtwerke soll es deshalb Hinweisschilder an den Anlegern geben, die auf den richtigen Weg zum Betreten der Fähre hinweisen.
Aufgrund von Vorgaben zur Barrierefreiheit hätten aus Platzgründen Anpassungen erfolgen müssen. Einseitig werde jetzt eine Breite von 1,30 Meter bis 1,45 Meter gegenüber maximal einem Meter auf den anderen Fähren erreicht.
Quelle: LN/Thomas Krohn