Zoff im Rathaus: Die Linke will Susanne Kasimir in den Aufsichtsrat der Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG) schicken. Sie ist eine Mitarbeiterin der Stadt. SPD und CDU wollen das nicht.
(Ausgebootet: Susanne Kasimir sollte für die Linke in den Aufsichtsrat der Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG). Das hat die Große Koalition verhindert. Foto: Nordische Filmtage)
Im Streit um die Besetzung eines Platzes im Aufsichtsrat der Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG) schlägt die Opposition harte Töne an. Linke, Grüne und Unabhängige kritisieren das Verhalten der Großen Koalition aus CDU und SPD, die die Wahl durch eine Änderung der Regeln verhindert hat.
Susanne Kasimir soll in den LHG-Aufsichtsrat
Im LHG-Aufsichtsrat wird ein Platz frei, da Doris Willmer (Linke) ihr Amt niederlegt. Nun will die Linke als Nachfolgerin Susanne Kasimir in das Gremium schicken. Die Brisanz an der Personalie: Kasimir ist Geschäftsführerin der Nordischen Filmtage und damit Mitarbeiterin der Stadt. Als LHG-Aufsichtsrätin säße sie dann einer städtischen Gesellschaft.
Das lehnt die Große Koalition ab. Denn im LHG-Aufsichtsrat sitzt auch Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) – von Amts wegen, wie in jeder städtischen Gesellschaft. Damit würde im LHG-Aufsichtsrat Susanne Kasimir auf ihren Chef treffen. Indes: Rechtlich ist das möglich. Jedenfalls war es das in Lübeck bis Donnerstag: Da hat die Große Koalition die Regeln geändert.
Große Koalition ändert die Regeln
Geändert wurde der Kodex für städtische Gesellschaften. Auf Antrag von SPD und CDU ist es städtischen Mitarbeitern jetzt verboten, in Aufsichtsräten städtischer Gesellschaften zu sitzen. Und damit kann Susanne Kasimir nicht in den LHG-Aufsichtsrat. Die Große Koalition hat das verhindert – und die Opposition hat jetzt das Nachsehen. Kritik hagelt es von den kleinen Parteien.
Sauer reagiert die Linke. „Das stinkt gen Himmel“, ärgert sich Fraktionschefin Katjana Zunft. Unterstützung kommt von den Grünen. „Es hat ein Geschmäckle, wenn aufgrund einer Personalie, die Regeln geändert werden“, sagt Thorsten Fürter. „Wir können das nicht nachvollziehen“, kritisiert auch Fraktionschef Detlev Stolzenberg (Unabhängige).
Aufsichtsräte mit Politikern
Das Argument: „Wir wollen politische Aufsichtsräte“, sagt Peter Reinhardt (SPD). Darüber seien sich alle einig gewesen, als der Kodex für die städtischen Gesellschaften verfasst worden sein. Er ärgert sich, dass die Linke sich nicht daran hält – wie jetzt mit der Nominierung von Kasimir. Reinhardt: „Dann müssen wir das jetzt wieder regeln.“
Kritik kommt von Grünen-Fraktionschef André Kleyer. „Nur weil es schon immer so war, muss es nicht so bleiben.“ In der Politik könne man Dinge ändern. Außerdem seien in anderen Kommunen städtische Mitarbeiter in Aufsichtsräten der städtischen Gesellschaften möglich, so Zunft. „Was in anderen Kommunen möglich ist, ist in Lübeck nicht möglich.“
Außerdem hat die Linke sich für Kasimir entschieden, weil sie auf einer Liste des Frauenbüros der Stadt gestanden habe. Das Frauenbüro hatte qualifizierte Frauen aufgefordert, sich zu melden, um den Frauenanteil in den Aufsichtsräten zu erhöhen. Zunft: „Damals hat keiner gesagt, dass Kasimir nicht auf dieser Liste stehen darf.“
Susanne Kasimir leitet die Nordischen Filmtage
Kasimir arbeitet bei der Stadt. Sie ist seit April 2020 Geschäftsführerin der Nordischen Filmtage. Sie war im Wissenschaftsmanagement tätig. Mehr als zehn Jahre hat sie das Büro der Bürgerschaft geleitet. Und vor allem: Kasimir hat zehn Jahre lang den Bereich Hafen- und Verkehrswirtschaft bei der Stadt geleitet. Kasimir hat kein Parteibuch. Die Bürgerschaft sollte über ihre Wahl in den LHG-Aufsichtsrat am 25. März entscheiden. Da hatte die Große Koalition das Thema vertagt.
Neu: Große Koalition entscheidet über Aufsichtsräte
Der Hintergrund: Die Mehrheit der Bürgerschaft entscheidet, wer einen Aufsichtsratsposten bekommt. Und die Mehrheit hat die Große Koalition. Denn SPD und CDU haben die Spielregeln geändert, als sie Anfang 2019 die Koalition geschmiedet hatten. Bis dahin wurden die Aufsichtsräte nach einem komplizierten Zählverfahren unter den Fraktionen verteilt. Nun aber entscheiden SPD und CDU allein über Aufsichtsräte. Damit kann die Große Koalition eine Wahl in einen Aufsichtsrat verhindern. Und das hat sie auch getan.
Quelle: LN /Josephine von Zastrow
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