Im Hafen schlägt die Corona-Krise voll durch: Millionenverluste, Umschlageinbrüche – am Ende des Jahres steht wohl ein Minus. Nun droht Kurzarbeit bei der Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG).

Erst top, dann flop – und jetzt Corona: Die Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG) hat die Corona-Krise voll erwischt. Der Umschlag ist eingebrochen, es fehlen Millionen an Einnahmen – und am Ende des Jahres wird die LHG ein Minus schreiben. Und: Jetzt droht Kurzarbeit. Zudem: Die LHG will die Pacht für die Hafenflächen nicht zahlen. Sie drängt darauf, dass die Stadt die Pacht stundet. Das geht aus Papieren hervor, die den LN vorliegen.

Lübecks Bürgermeister hält an der Sanierung der LHG fest

Es ist bitter. Die mehrheitlich städtische Gesellschaft steckte jahrelang in den Miesen. Seit 2018 wird sie saniert. Es lief gut. Die LHG verzeichnete einen Umschlag von 22,1 Millionen Euro. Dann brach Mitte 2019 der Umschlag ein, weil in den Häfen in Finnland gestreikt wurde. Der Umschlag ging zurück. Es gibt keine offiziellen Zahlen, aber betrug etwa 20 Millionen Tonnen **. Die LHG fuhr 2019 wieder ein Defizit ein. 2020 sollte es besser werden. Denn bis 2022 muss die LHG ein sattes Plus verzeichnen. Aber das wird kaum zu halten sein.

Offiziell verabschiedet sich niemand von diesen Plänen. „Am Sanierungsplan halten wir fest“, macht Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) klar. Denn aktuell könne man noch nicht seriös beantworten, ob der Plan geändert werden müsse. Klar ist aber schon jetzt: „Die LHG ist von den Auswirkungen der Corona-Krise am stärksten betroffen im Vergleich zu den anderen städtischen Gesellschaften“, so Lindenau. Und LHG-Chef Sebastian Jürgens sagt: „Für die erfolgreichen Ansätze zur Neuausrichtung der LHG kommt die Krise zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.“

Skandinavienkai: keine Autos, kein Transport

Der Skandinavienkai ist am stärksten betroffen. 30 bis 50 Prozent beträgt der Rückgang des Umschlags. Der Transport vom Schiff auf Schiene ist ebenfalls eingebrochen – um 20 bis 25 Prozent. Der ist ebenfalls am Skandinavienkai angesiedelt. Die LHG-Tochter Baltic Rail Gate verfrachtet Trailer und Container von Schiffen auf die Schiene – und umgekehrt. Einen Rekord nach dem anderen hatte sie bisher eingefahren. Zuletzt 2019 mit einem Transport von 104 000 Containern und Trailern pro Jahr. 2020 sollten es 123 000 werden. Das ist kaum noch zu schaffen.
Das Problem: die Autobranche. 60 000 Wagen sollten 2020 über den Skandinavienkai nach Russland verschifft werden. Die LHG hat extra eine Fläche für das Parken der Autos hergerichtet. Dann kam Corona – und der Produktionsstopp bei den Autoherstellern. Da bei VW und Co. die Bänder komplett stillstanden, gab es auch keine Autos. Und ohne Autos kein Transport via Schiff. Hinzu kommen die Zulieferer der Branche. Ohne Autoproduktion keine Teile-Lieferung. Ohne Teile-Lieferung keine Container und Trailer auf Schiffen und Schienen.

LHG: Kurzarbeit ist möglich

Jetzt bereitet sich die LHG auf Kurzarbeit vor. „Kurzarbeit ist eine Möglichkeit“, so Jürgens. Aber der Abbau von Überstunden und weniger Leiharbeiter seien Alternativen. Die LHG hat bereits Kontakt zur Arbeitsagentur aufgenommen. Bereits in diesem Monat könnten einzelne Terminals Kurzarbeit beantragen. Insgesamt sind bei der LHG knapp 800 Beschäftigte, davon 600 direkt bei der LHG, gut 200 bei den Tochtergesellschaften. Bitter: Die Belegschaft verzichtet bereits auf Geld – im Zuge der Sanierung. Dabei geht es um den Wegfall von Weihnachts- und Urlaubsgeld – und Überstunden. Insgesamt sind es satte 17 Millionen Euro, verteilt auf vier Jahre.

Außerdem: Die LHG will die Pacht für die Hafenflächen zunächst einmal nicht zahlen. Das Unternehmen hat einen Stundungsantrag bei der Stadt gestellt. Dabei zahlt die LHG bereits jetzt eine reduzierte Pacht. Das sind laut Konzernbilanz 2018 etwa neun Millionen Euro pro Jahr. Eigentlich liegt die Pacht bei 13 Millionen Euro pro Jahr. Die reduzierte Pacht ist ebenfalls der Sanierung geschuldet. Die Stadt verzichtet auf insgesamt 17 Millionen Euro – verteilt auf vier Jahre.

Kiel: Kreuzfahrer kommen erst gar nicht

Trotz allem: Die Corona-Krise trifft den Lübecker Hafen nicht so hart wie den Kieler Hafen. Seit Mai ist dort bereits ein Teil der Belegschaft in Kurzarbeit, berichten die Kieler Nachrichten. Denn beim Kieler Seehafen ist das Kreuzfahrt-Geschäft eingebrochen. Die Schiffe machen erst gar nicht erst fest an Kiels Kaikanten. 2019 zählte Kiel 117 einlaufende Schiffe. Hinzu kommen die Fährschiffe. Insgesamt wurden 2,4 Millionen Passagiere abgefertigt. Eine große Einnahmequelle für den Seehafen. Der Güterumschlag mit sieben Millionen Tonnen nimmt sich da eher klein aus.

Lübeck: Schiffe laufen den Hafen an

In der Corona-Krise ist es von Vorteil, dass Lübeck kein Kreuzfahrtgeschäft hat. 2019 hatte Lübeck nur 13 Luxusliner aufzuweisen. Mit den Fährschiffen wurden in Lübeck gut 400 000 Passagiere abgefertigt. Aber Lübecks Hauptgeschäft ist der Güterumschlag mit 20 Millionen Tonnen im Jahr. Vor allem laufen die Schiffe den Lübecker Hafen aber immer noch an – wenn auch recht leer. „Trotz zum Teil schlechter Auslastung der Schiffe halten die Reeder ihre Linienverbindungen aufrecht.“ Jürgens betont: „Besonders deshalb hat sich die LHG im Vergleich zu anderen großen Hafenbetreibern noch relativ gut geschlagen.“

Quelle: LN/Josephine von Zastrow

**Anmerkung: Der Umschlag 2019 betrug 22,1 Millionen Tonnen, gleichbleibend wie 2018.

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