Die Kieler Seelotsen haben einen neuen Ältermann: Martin Finnberg (50) hat die Amtsgeschäfte von Stefan Borowski (56) übernommen. Und das in einer Zeit, in der die Stimmung bei den 160 Lotsen nicht die beste ist. Seit April ist nur noch eine der ursprünglich vier Kieler Schleusenkammern in Betrieb.
„Das merken wir natürlich sofort“, sagt Martin Finnberg. Nur zu gern hätte er sich für den Wechsel auf den Posten des Ältermanns bei der Lotsenbrüderschaft NOK II Kiel, Lübeck und Flensburg andere Voraussetzungen gewünscht.
(Martin Finnberg ist neuer Ältermann der Kieler Seelotsen. Quelle: Frank Behling)
„Lotsen sind da immer sehr sensibel. Als Freiberufler spüren wir es schnell im Portemonnaie, wenn weniger Schiffe durch den Kanal kommen“, sagt Finnberg. Im Moment haben die 160 Seelotsen recht viel Freizeit. Die Zahl der Schiffe war im April und Mai fast im zweistelligen Prozentbereich rückläufig, wie der Blick in die Kanalstatistik zeigt. Wenn nur eine Schleuse arbeitet, fahren viele Schiffe über Skagen. Ab September sollen wieder zwei Schleusenkammern bereitstehen. Rechtzeitig für den Herbst. Die beiden kleinen Schleusen werden noch mindestens zehn Jahre brauchen, bis sie durch Neubauten ersetzt sind. Von seinem Büro aus schaut Finnberg jetzt auf die mit Seesand verfüllten Bauwerke.
Ausreichend Bewerber für die Lotsenposten
Die Nachwuchssituation in der Brüderschaft ist derzeit gut. Angesichts der Ruhe auf dem Kanal reichen die Bewerberzahlen derzeit vollkommen aus. Zufrieden sind die Lotsen auch mit dem Fuhrpark auf der Förde und der Trave. „Die sechs neuen Boote haben sich bewährt“, sagt Finnberg. Bei den drei Booten an der Station Rüsterbergen besteht aber bald Ersatzbedarf. „Im Prinzip bräuchten wir genau die Boote, die da jetzt sind, nur in neu“, sagt der Ältermann. Mit Ruhe und Geduld warte man auf die Neubeschaffung.
Geduld ist ohnehin eine Grundeigenschaft für einen erfolgreichen Kapitän. Und Finnberg hat es von der Pike auf gelernt. Der Hamburger mit etwas Segelerfahrung ging 1987 nach dem Abitur diesen Weg. „Ich wollte auf See. Damals gab es in Hamburg an den Landungsbrücken noch die Heuerstelle. Da hatten sie was für mich“, erzählt er. Die Lehre zum Schiffsmechaniker absolvierte er dann auf dem Linienfrachter der OPDR – einem kleinen Unternehmen mit sonnigem Fahrtgebiet. Die Buchstaben sind die Abkürzung für Oldenburg-Portugiesische-Dampfschiffs-Rhederei – eine Reederei mit Liniendiensten von Hamburg bis Las Palmas.
Vorgänger Borowski wechselt in die Führung der Bundeslotsenkammer
Mit dem Matrosenbrief in der Tasche ging es nach knapp drei Jahren zum Studium an die Seefahrtschule. 1995 startete er dann die Dienstzeit auf den großen roten Containerriesen von Hamburg-Süd als Offizier in der Laufbahn zum Kapitän. „Am 1. Januar 2002 wurde ich dann Aspirant bei den Lotsen in Kiel“, erzählt er. Privat war es der Zeitpunkt für die Familiengründung. Der Lebensmittelpunkt wechselte nach Plön. „Wir Lotsen müssen ja in einer Stunde auf der Schleuse sein. Das geht von Plön aus sehr gut“, so der dreifache Familienvater. 2009 folgt der Aufstieg bei den Lotsen in die Geschäftsstelle. Sie vertritt die Rechte und Ansprüche der Lotsen gegenüber der Schifffahrtsverwaltung. 2009 wurde Stefan Borowski Ältermann der 160 Kieler Lotsen. „Jetzt folge ich Stefan Borowski“, sagt Finnberg. Sein Kollege wechselte nach Hamburg in die Führung der Bundeslotsenkammer, und die Stelle des Ältermanns wurde frei. Derartige Veränderungen müssen bei Lotsen auf die traditionelle Art bei einer Versammlung getroffen werden.
Quelle: KN/Frank Behling