Die Firma Lehmann, größter, privater Hafenbetreiber in Lübeck, braucht eine tiefere Trave, einen ausgebauten Kanal und ein abgerissenes Denkmal. Doch nichts kommt richtig voran.
Die Firma Lehmann in Siems hat Großes vor. Für 110 Millionen Euro soll ein neues Terminal entstehen. Den Transport von Massengütern über den Elbe-Lübeck-Kanal würde sie lieber heute als morgen mehr als verdoppeln. Ein Denkmal würde sie gerne abreißen, um mehr Platz für Hafenumschlag zu haben. Und die Trave müsste dringend ausgebaggert werden, um die immer größer werdenden Schiffe abfertigen zu können. „Wir sitzen auf heißen Kohlen, aber nichts kommt voran“, sagt Firmeninhaber, Hafenbetreiber und Reeder Holger Lehmann.
Lehmann hatte am Mittwoch den Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, Norbert Brackmann, zu Gast. Der lauenburgische Bundestagsabgeordnete, der auf Einladung der Lübecker Bundestagsabgeordneten Prof. Claudia Schmidtke zu Besuch war, hatte keine Lösungen im Gepäck.
Vertiefung der Trave um ein bis eineinhalb Meter
Die Schiffe würden immer größer, hätten immer mehr Tiefgang, erklärt Holger Lehmann. Die großen Bulker könnten gar nicht mehr mit voller Ladung nach Lübeck kommen. Ein bis eineinhalb Meter tiefer als die bisherigen 9,50 Meter müsste die Fahrrinne werden. Diese Forderung hat der Nautische Verein Lübeck schon 2017 erhoben. Auch im Hafenentwicklungsplan 2030 steht die Vertiefung der Trave. Sie ist aber politisch höchst umstritten. Die Bauverwaltung verweist darauf, dass der Hafenentwicklungsplan nur ein Plan und noch kein Beschluss sei.
Die Häfen Kiel und Rostock seien besser als Lübeck auf die großen Pötte eingestellt, erklärt der Koordinator für die maritime Wirtschaft. Eine Vertiefung der Trave stehe nicht im aktuellen Bundesverkehrswegeplan. Die Hansestadt müsse einen Beschluss fassen, dass sie die Maßnahme will. Dann könnte das Land auf den Bund zugehen. Dann würde ein Ausbau volkswirtschaftlich untersucht – ob der Nutzen die Eingriffe in die Landschaft überwiegt.
Elbe-Lübeck-Kanal: Ausbau schleppt sich dahin
Gut zehn Prozent der Waren, die bei der Firma Lehmann umgeschlagen werden, werden über den Elbe-Lübeck-Kanal transportiert. „Wir könnten uns mehr als eine Verdoppelung vorstellen“, sagt Holger Lehmann. Danach sieht es erst einmal nicht aus. Derzeit würde eine Brücke über den Kanal so ausgebaut, dass größere Binnenschiffe unten durch passen, eine weitere Brücke folge im nächsten Jahr und eine dritte sei in Planung, sagt Norbert Brackmann: „Dann sind wir mit den Brücken, die dem Bund gehören, durch.“
Bei zwei weiteren Brücken könnten sich Land und Bund nicht über den Baustart einigen, berichtet der Koordinator der Bundesregierung: „Ich war immer dafür, alle Bauwerke gleichzeitig anzufassen.“ Die Erneuerung der Schleuse Lauenburg habe 15 Jahre gedauert. Brackmann: „Wir brauchen mehr Tempo beim Ausbau.“ Brackmann und seine Bundestagskollegin Schmidtke erinnern daran, dass ein ausgebauter Elbe-Lübeck-Kanal gut für den Klimaschutz sei.
Ölmühle: Auftrag zur Sanierung
Das 1905 gebaute, fünfgeschossige Gebäude steht mitten im Firmengelände von Lehmann. Der Hafenbetreiber hat das Haus, das immer mehr verfällt und unter Denkmalschutz steht, gekauft. 2020 stellte der Hafenbetreiber einen Abrissantrag. Über den ist bis heute nicht entschieden. Die städtische Denkmalpflege hat Lehmann aufgefordert, das Gebäude zu sanieren.
„Das würde 23 Millionen Euro kosten“, erklärt der Hafenbetreiber. Niemand könne etwas mit dem Haus anfangen. Im Gegenteil: Das Gebäude stehe einer Erweiterung des CTL-Terminals im Wege. Holger Lehmann: „Die Situation ist absurd. Der Bürgermeister muss über den Abriss entscheiden. Ansonsten werden wir prozessieren.“
Lehmannkai 1 plus: 110 Millionen Euro sollen investiert werden
Direkt neben dem Lehmannkai 1 will die Firma ein 16 Hektar großes Gelände zum Terminal 1 plus ausbauen. 110 Millionen Euro will der private Hafenbetreiber investieren. „Wir werden in den nächsten zwei Monaten den Planfeststellungsantrag einreichen“, berichtet der Hafenbetreiber. Zuständige Behörde sei ein Amt im Kieler Wirtschaftsministerium. Lehmann: „Wenn wir Glück haben, dauert die Prüfung ein Jahr.“ Ursprünglich sollte der Lehmannkai 1 plus 2023 in Betrieb gehen. Lehmann: „Frühestens 2024 oder 2025 wird das Terminal fertig sein.“
Quelle: LN/ Kai Dordowsky
Unternehmen seit 95 Jahren am Markt
Die Lehmann-Gruppe mit ihren 150 Mitarbeitern ist der größte private Hafendienstleister in Lübeck, ist Reedereibetrieb und Betonproduzent. Die Firmengruppe besitzt eine Flotte und hat weitere Schiffe gechartert. Jährlich werden zehn Millionen Tonnen Massengüter über die Meere transportiert.
Als die an den Lehmannkai angrenzende Flender Werft 2004 ihren Betrieb einstellte, erwarb Lehmann das Werftgrundstück und entwickelte auf dem Gelände ein RoRo-Terminal für die Abfertigung von Fährschiffen. 2010 erweiterte das Unternehmen erneut seine Hafenfläche und erwarb den Container Terminal Lübeck (CTL).
2016 feierte das Unternehmen das 90-jährige Bestehen. In den 1920er Jahren war das Lübecker Unternehmen erfolgreich im Handel mit Kohlen und Baustoffen. In den 1930er und 1940er Jahren investierte Lehmann in eigene Kähne und einen Schwimmkran. Anfang der 1950er Jahre wurde die Reederei gegründet und das erste Küstenmotorschiff, die „Hans Lehmann“, auf Kiel gelegt.
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