Nach Vornahme besonderer Bestandsdokumentation dürfen die Abrissarbeiten am Kulturdenkmal erfolgen

Die Ölmühle (roter Kreis) wird aufgrund des baulichen Zustandes und der Insellage zwischen zwei Terminals keiner Nutzung zugeführt, sondern abgerissen.

 

Nach ausführlicher Prüfung und Abwägung von Interessen, Wirtschaftlichkeit und Zumutbarkeit, erteilt der Bereich Archäologie und Denkmalpflege in seiner Eigenschaft als Untere Denkmalschutzbehörde der Hansestadt Lübeck im Rahmen eines Widerspruchverfahrens die erforderliche denkmalrechtliche Genehmigung für den Abriss des Denkmals „Ölmühle“ in der Siemser Landstraße 29. An die Genehmigung sind besondere Bedingungen zur Bestandsdokumentation geknüpft.

Eine zentrale Rolle spielen hierbei unter anderem die Aspekte der Hafenentwicklung – sowohl öffentliche Belange als auch der private Belang des Antragstellers sind darauf ausgerichtet, den Port of Lübeck und damit auch die dort tätigen Unternehmen zu stärken. Das städtische Interesse an einer Entwicklung des Port of Lübeck hat seinen Niederschlag in dem von der Bürgerschaft am 28.05.2022 beschlossenen Hafenentwicklungsplan (VO/2020/08588) gefunden. Dieser Aspekt war als öffentlicher Belang in die vorzunehmende Abwägung nach § 13 Abs. 2 S. 3 DSchG einzubeziehen.

Die Bürgerschaft hat durch die Beschlussfassung ausdrücklich klargestellt, dass der Hafenentwicklungsplan dahingehend präzisiert werden soll, dass die Kaianlagen am Skandinavienkai und in allen Mittelhäfen entsprechend der Dimensionen der künftigen Referenzschiffe geplant werden sollen. Die Lübeck Port Authority hat bestätigt, dass sich die Insellage des Gebäudes „Ölmühle“ mit hafenbetrieblichen und hafenbahnbetrieblichen Anforderungen nicht vereinbaren lässt.

Die Sanierung und damit Nutzbarmachung der „Ölmühle“ wäre zudem mit erheblichen Kosten verbunden. Sowohl aufgrund der geographischen Lage als auch aufgrund der Besonderheiten der umliegenden Nutzung ist fraglich, ob diese Kosten in einem angemessenen Zeitraum refinanziert werden könnten. Gleichzeitig hätte eine Nutzung des Gebäudes zur Folge, dass die Fortentwicklung des Port of Lübeck nicht unerheblich behindert wird.

Bereits aufgrund der bisher vorgelegten Berechnungen war in Frage zu stellen, ob der Erhalt des Gebäudes wirtschaftlich zumutbar ist.

Von einer Unzumutbarkeit ist auszugehen, wenn der Eigentümer das Denkmal nicht mehr sinnvoll nutzen kann, weil es „nur noch Denkmal“ ist und damit ausschließlich dem Wohl der Allgemeinheit dient. Die aus dem Eigentum resultierenden Verpflichtungen dürfen nicht so weit gehen, dass das Denkmal bloßes Zuschussobjekt ist oder überhaupt keine Nutzungsmöglichkeit mehr besteht, welche als noch wirtschaftlich sinnvoll angesehen werden kann.

Bereits seit den 2000er Jahre findet die privatwirtschaftliche Nutzung des Geländes als Containerumschlagsplatz statt – legitimiert durch ein Planfeststellungsverfahren als Sondernutzung Hafen. Nach der Umwidmung der Fläche und als Teil des Hafengebietes ist eine Nutzung und Erschließung nur noch schwer umsetzbar.

Aus diesem Grund war zu prüfen, ob die „Ölmühle“ überhaupt einer sinnvollen und damit auch wirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden kann. Als Nutzungsmöglichkeiten wurde die Nutzung als Lagerflächen oder als Bürogebäude geprüft.

Aufgrund der Entwicklung der umliegenden Flächen ist fraglich, ob eine Nutzung als Bürogebäude in einem anderen als dem des Hafenkontextes zulässig ist, lediglich eine Nutzung als Lagerfläche dürfte nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Insofern würde sich eine Nutzung als Bürogebäude nicht mehr in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen, was nach § 34 Abs.1 BauGB jedoch Voraussetzung wäre. Hinzu kommen die lagebedingten Nachteile aufgrund der schlechten Erreichbarkeit und der geographischen Lage der Ölmühle weit außerhalb des Stadtgebiets.

Zu berücksichtigen sind also die Besonderheiten, die sich aus dem Standort der „Ölmühle“ und der Nutzung der umliegenden Flächen ergeben und die sich erschwerend auf eine Umnutzung des Gebäudes auswirken. Auch ein Verkauf der Ölmühle würde dazu führen, dass die Betriebsflächen der Hans Lehmann KG unterbrochen werden, was erhebliche Auswirkungen auf die Betriebsabläufe haben dürfte.

Auch, wenn der Erhalt der „Ölmühle“ unter rein denkmalfachlichen Erwägungen zu begrüßen wäre, war vor dem Hintergrund der Zumutbarkeitserwägungen und des bestehenden öffentlichen Interesses an der Stärkung und Fortentwicklung des Port of Lübeck festzustellen, dass die überwiegenden Belange für einen Abriss der „Ölmühle“ sprachen und eine weitere Ablehnung der denkmalrechtlichen Genehmigung nicht vertretbar gewesen wäre.

Den denkmalrechtlichen Belangen kann vorliegend zumindest teilweise dadurch Rechnung getragen werden, dass die Genehmigung mit der Bedingung versehen wird, dass die Antragstellerin eine umfängliche Dokumentation erstellen muss, bevor sie mit dem Abriss des Gebäudes beginnen darf.

Aus heutiger Sicht ist vor allem die besondere wissenschaftliche Bedeutung als frühes Beispiel des Stahlbetonbaus hervorzuheben. Durch die Dokumentation wird zumindest ein Teil der Aufgaben von Denkmalschutz und Denkmalpflege gewährleistet. Dies ermöglicht es, auch nach dem Abriss des Gebäudes Einblick in die bei Errichtung verwendete Bautechnik zu erhalten und diese zumindest in der Form der Dokumentation zugänglich zu erhalten.

 

Quelle: Pressemitteilung Hansestadt Lübeck


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