Am 21. Oktober 2023 lief die Marco Polo während einer planmäßigen Fahrt nordwestlich der Insel Hanö auf Grund. Die Fähre war laut Fahrplan kurz nach 23.00 Uhr aus dem Hafen von Trelleborg in Richtung Karlshamn abgefahren. Bei der Abfahrt befand sich die Fähre in einem guten technischen und seetüchtigen Zustand. Die geplante Route sah eine Passage östlich von Hanö mit voraussichtlicher Ankunft in Karlshamn um 06.00 Uhr vor.

(MS MARCO POLO ausgehend in Travemünde am Vormittag des 21.10.2023)

 

Aufgrund eines menschlichen Navigationsfehlers kam es um 05.14 Uhr nordwestlich von Hanö zur ersten Grundberührung. Die Position des Schiffes wurde nicht wie vorgeschrieben überprüft, und Radar, Sonar und andere Navigationshilfen wurden nicht zufriedenstellend genutzt. Die akustischen Alarme auf der Brücke in den Stunden vor dem Unfall wurden zwar bestätigt, aber nicht gründlich untersucht. Seit den Alarmen hatte das ECDIS (Electronic Chart Display and Information System) automatisch mit der Berechnung der Position auf der Grundlage von Kurs und Geschwindigkeit begonnen. Dies ist eine Standard-Backup-Funktion, die in den Vorschriften vorgeschrieben ist. Wind und Strömung werden dabei nicht berücksichtigt. Das bedeutete, dass die beiden GPS-Geräte zwar ordnungsgemäß funktionierten, das ECDIS aber nicht mehr die richtige Position anzeigte, sondern die vom System berechnete. Die auf dem ECDIS angezeigte Schiffsposition wich daher seit den Alarmen zunehmend von der tatsächlichen Position ab. Zudem war die Sicht an diesem Morgen durch den Nebel eingeschränkt, was dazu führte, dass Landmarken falsch oder gar nicht wahrgenommen wurden.

Da den Schiffsoffizieren nicht bewusst war, dass sie vom Kurs abkamen und sich in der falschen Position befanden, wurde die erste Grundberührung nicht als solche wahrgenommen, zumal die Wassertiefe an der angenommenen Position als mehr als ausreichend angesehen wurde. Bei der zweiten Grundberührung kam das Schiff schließlich zum Stillstand. Unmittelbar nach der zweiten Grundberührung wurde jedoch Kraftstoffgeruch wahrgenommen, und auf der Wasseroberfläche wurde Öl festgestellt. Die Besatzung erkannte die Verschmutzung sofort und informierte sowohl das TT-Line-Krisenteam als auch die Behörden über die Situation und bat um Hilfe.

Dank der guten Zusammenarbeit zwischen den schwedischen Behörden und TT-Line konnten alle Passagiere und die nicht benötigte Besatzung um 10:15 Uhr sicher evakuiert werden und wurden anschließend von einem TT-Line-Supportteam im Hafen von Karlshamn betreut. Mit Hilfe von TT-Line konnten alle Passagiere entweder ihre Reise zu ihrem Zielort fortsetzen oder ihre Rückreise antreten.

Die Treibstoffmenge in den defekten Tanks betrug zum Zeitpunkt des Unfalls ca. 169 t. Nach Angaben von TT-Line ist dies die maximale theoretische Menge an Treibstoff, die möglicherweise ins Meer hätte gelangen können. Um die Freisetzung aus diesen Tanks so gering wie möglich zu halten, wurde der Treibstoff von einem Bunkerschiff aus diesen Tanks entfernt. Ein Teil des Treibstoffs verblieb in den zerbrochenen Tanks, der dann in der Werft geborgen und anschließend entfernt wurde.

Die Gesamtmenge an Treibstoff, die aus den defekten Tanks geborgen und nicht ins Meer freigesetzt wurde, wird auf 116-122 Tonnen geschätzt.

Nach Angaben von TT-Line beläuft sich die Gesamtmenge, die ins Meer gelangt ist, auf 46-53 Tonnen.

Nach den TT-Line zur Verfügung gestellten Informationen wurden nach Berichten der Küstenwache und der örtlichen Behörden etwa 46 Tonnen bei der Umweltsanierung geborgen. Von den 169 Tonnen, die sich zum Zeitpunkt des Unfalls in dem zerbrochenen Tank befanden, ist also nur ein Bruchteil nicht aufgeklärt.

Unmittelbar nach dem Unfall konzentrierte sich TT-Line in Zusammenarbeit mit dem Bergungsunternehmen SMIT auf die Bergung der Marco Polo, um weiteren Ölaustritt zu verhindern und den bereits entstandenen Schaden zu begrenzen. Darüber hinaus arbeitete TT-Line eng mit den örtlichen Behörden zusammen, um die Folgen des Unfalls zu bewältigen. TT-Line schaltete die internationale Umweltorganisation ITOPF ein und ergriff in Zusammenarbeit mit der P&I-Versicherung Maßnahmen zur Begrenzung der Umweltschäden und zur Verringerung ihrer Auswirkungen.

Um die Marco Polo aus ihrer Lage zu befreien, musste der Auftrieb erhöht werden. Zu diesem Zweck wurde mit kleinen Bunkerschiffen Treibstoff aus den noch intakten Tanks gepumpt. Alle beschädigten Tanks und Hohlräume wurden abgedeckt und versiegelt, um das Eindringen von Wasser in das Schiff zu verhindern. Eine Reihe von Hohlräumen wurde dann mit Luft unter Druck gesetzt, um das Wasser herauszudrücken und den Auftrieb zu erhöhen.

Dank der professionellen Zusammenarbeit zwischen den örtlichen Behörden, dem Bergungsunternehmen, der Küstenwache und TT-Line konnte die Marco Polo am 1. November um 09.20 Uhr ohne weitere Schäden vom Grund befreit werden. Mit Hilfe von Schleppern kehrte das Schiff am 2. November in den Hafen von Karlshamn zurück. Dies war ein entscheidender Schritt, da der restliche Treibstoff in den unbeschädigten Tanks der Marco Polo entfernt werden konnte. Die Befreiung des Schiffes von der felsigen Meeresoberfläche war der wichtigste Schritt im Bergungsprozess, da so sichergestellt wurde, dass die unbeschädigten Tanks intakt blieben und keine weitere Verschmutzung auftreten konnte. Darüber hinaus wurden weitere Umweltschäden am Schiffsrumpf minimiert und die restliche Ladung an Bord gerettet.

In ähnlicher Weise wurden am 4. November alle 12 Personenwagen, 20 Lastwagen und 21 Anhänger sicher entladen.

Nachdem die Marco Polo am 8. November in die Remontowa-Werft in Danzig/Polen geschleppt worden war, wurde sie einer umfassenden Inspektion und Schadensbewertung unterzogen. Nach dieser Bewertung entschied TT-Line, die Fähre zu sanieren. So wird die Marco Polo Mitte 2024 wieder in die Flotte von TT-Line aufgenommen.

TT-Line bedankt sich bei allen Helfern, den örtlichen Behörden, dem Hafen von Karlshamn und allen anderen Beteiligten für ihre unermüdliche Unterstützung während und nach dem Vorfall.

TT-Line ist sich seiner Verantwortung für die Umwelt und die lokale Gemeinschaft bewusst. Der Vorfall hat das Unternehmen tief getroffen und TT-Line bedauert den entstandenen Schaden. Seit über 60 Jahren ist TT-Line ein stabiler und zuverlässiger Teil der Infrastruktur zwischen Schweden und Deutschland. TT-Line arbeitet in Übereinstimmung mit den internationalen und europäischen Schifffahrtsvorschriften, einschließlich der Umweltvorschriften.

Darüber hinaus hat TT-Line in den letzten Jahren erhebliche Investitionen getätigt, einschließlich neuer LNG-betriebener Fähren und moderner Ausrüstung, um die gesetzlichen Anforderungen zu übertreffen. TT-Line investiert kontinuierlich in umweltfreundliche Technologien für seine Flotte. Mit der Inbetriebnahme von zwei neuen Fähren in den Jahren 2022 und 2023, die mit Dual-Fuel-LNG-Motoren angetrieben werden, ist ein weiterer Meilenstein bei der Reduzierung der Luftverschmutzung durch die Abgase der Schiffe und des CO2-Fußabdrucks des Unternehmens erreicht worden.

Darüber hinaus haben die Häfen von Trelleborg (THAB) und Lübeck (LHG) in Zusammenarbeit mit TT-Line und verschiedenen Interessengruppen aus der Schifffahrtsbranche eine ehrgeizige Initiative zur Einrichtung eines grünen Schifffahrtskorridors gestartet. Diese Partnerschaft zielt darauf ab, sich für die Anerkennung im Rahmen der Clyde Bank Declaration zu qualifizieren, mit Unterstützung von Schweden und Deutschland. Der Grüne Schifffahrtskorridor dient als Testplattform für nachhaltige Lösungen zur Dekarbonisierung des gesamten Seeverkehrs und zum Erreichen eines Null-Emissionsziels.

Ein Teil dieser Initiative ist die Nutzung von Landstrom in den Häfen. Ab diesem Herbst wird TT-Line mit der Implementierung von Landstromkapazitäten auf vier Fähren seiner Flotte beginnen. Diese strategische Initiative ermöglicht es den Fähren, sich an das örtliche Stromnetz anzuschließen, während sie im Hafen liegen, wodurch die Emissionen erheblich reduziert und die Lärmbelastung in den Hafengebieten verringert wird.

 

Quelle: TT-Line Sverige