Der Travemünder Skandinavienkai wird in den nächsten drei Jahren zum „Hafen der Zukunft“. Ferngesteuerte Kräne, autonome Drohnen, digitale Frachterfassung – ein 5G-Netz soll es möglich machen.

(Der Travemünder Skandinavienkai soll in den nächsten drei Jahren zum „Baltic Future Port“ werden.)

 

Die Zukunft wurde am Travemünder Skandinavienkai offiziell vor Kurzem eingeläutet, die digitale jedenfalls, und alles, was damit zusammenhängen könnte. Der Name des Konzeptes: „Baltic Future Port“; 3,9 Millionen Euro an Förderung aus dem Bundesverkehrsministerium gibt es dafür. Und insgesamt sind es elf Teilprojekte, die nun in den nächsten drei Jahren den Hafen der Zukunft explizit an der vitalen Kaikante im Ostseebad erproben sollen.

3,9 Millionen Euro fließen in drei Jahren in das Projekt

Wie so etwas dann aussehen könnte, fasst Carina Gastmeyer, derzeitige Sprecherin des Konsortiums, so zusammen: „Wenn man an den Lübecker Hafen von morgen denkt, sieht man automatisierte Prozesse bildhaft vor Augen – perfekt choreografierte Ankunfts- und Abfahrtzeiten der Güterzüge aus und nach Südeuropa, ferngesteuerte Kräne, die im Minutentakt Trailer von gerade erst eingefahrenen Zügen heben.“

Die angekommenen Waren werden auf Schiffe mit Zielen entlang der gesamten Ostseeküste verladen. Zu jeder Zeit sei allen Beteiligten bekannt, wo sich genau welcher Container mit seiner spezifischen Fracht befinde. „Ein leises Surren lenkt den Blick in Richtung Himmel, wo eine autonome Drohne zur Erkennung möglicher Gefahren über dem ganzen Gelände schwebt“, führt sie aus.

5G-Campusnetz schafft Kommunikation in Echtzeit

Voraussetzung für dieses Szenario ist 5G, also die fünfte Generation des Mobilfunks. Dieser Standard ermöglicht eine bis zu zehn Mal schnellere Datenübertragung als 4G beziehungsweise LTE und damit Kommunikation in Echtzeit. 5G soll wie eine unsichtbare Glocke über das Hafengebiet gespannt werden, damit zu jedem Zeitpunkt große Datenmengen transportiert werden können.

(Die Auslastung von Stellplätzen am Terminal soll digital erfasst werden.)

 

„Ich gehe davon aus, dass bis zum Sommer 2022 die Hardware, also vor allem Antennen und mobile Ports, dafür in unserem Projektgebiet Skandinavienkai installiert worden sind, sodass es dann in die konkrete Anwendung dieser Technologie gehen kann“, sagt Horst Hellbrück, Professor an der Technischen Hochschule (TH) in der Hansestadt und Experte für 5G-Netze.

Technologie ist nur Akteuren im Hafen zugänglich

Zusammen mit seinen Forschungskollegen von der Lübecker Uni wird sein Team im ersten Schritt das sogenannte Campusnetz modellieren und simulieren. „So wird klar, welche Ausstattung an welchem Ort gebraucht wird, um zum Beispiel auch beim Verladen im Schiff 5G zu haben. Und durch den Begriff ,Campusnetz‘ wollen wir deutlich machen, dass es sich nicht um ein öffentliches, sondern ausschließlich um ein Kommunikationsnetz für die im Hafen agierenden Wirtschaftspartner handeln wird.“

Die Wissenschaftlergruppe um Uni-Professor Phillip Rostalski hat spezielle Quadrocopter, also Drohnen mit vier Rotoren entwickelt, die mit 5G-Messeinheiten ausgestattet sind. „Entsprechend können wir Feldstärke-Lücken im Netz aufdecken“, sagt der Leiter des Instituts für Medizinische Elektrotechnik, „und da wir natürlich nicht den gesamten Luftraum abfliegen können, werden wir zuvor mittels Methoden der Künstlichen Intelligenz am Rechner ein Modell des Netzes als Grundlage erarbeiten und kritische Punkte identifizieren können.“

TraveKom baut die Infrastruktur auf

Hand in Hand arbeiten die Forscherinnen und Forscher mit der TraveKom, die für die Umsetzung der Infrastruktur verantwortlich ist. „Wenn das 5G-Campusnetz im nächsten Jahr aufgebaut ist, wird es unser Ziel sein, diese neue Technologie in der täglichen Praxis zu erproben“, sagt der Chief Digital Officer der Hansestadt, Dr. Stefan Ivens. Es ginge darum, mit den neuen Möglichkeiten die Mitarbeiter im Hafen zu unterstützen und Arbeitsabläufe zu vereinfachen.

Ob es zum Beispiel die digitale Erfassung der durch den Zugverkehr ankommenden Ladung ist oder die Registrierung der Auslastung von Stellplätzen am Terminal oder von freien Flächen in den Logistikhallen – viele Daten werden zentral unter einem Dach erfasst und machen die Koordination von Abläufen auf dem Hafengebiet wesentlich einfacher.

(Auch in den Lagerhallen soll die 5 G-Technologie Abläufe beschleunigen.)

 

Dazu noch mal Carina Gastmeyer: „Bisher stattfindende Kommunikationswege mit Funkgeräten und so weiter auf dem Gelände werden durch Echtzeitkommunikation verkürzt und die Akteure im Hafengebiet wesentlich enger miteinander verwoben.“ Auch die Kräne im Hafen sind von der Digitalisierung betroffen und sollen zukünftig automatisiert ferngesteuert werden. „Das Projekt ,Baltic Future Port‘ ist insgesamt von größter Bedeutung, um den Lübecker Hafen zukunftssicher aufzustellen“, betont Bürgermeister Jan Lindenau.

 

Quelle: LN/ Michael Hollinde


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