Flüssiggas statt Landstrom – darin liegt für die meisten Kommunalpolitiker und die Stadtverwaltung die Zukunft der Schifffahrt. 2022 erwartet der Bürgermeister die ersten Schiffe mit dem neuen Energieträger im Hafen.

Die Hansestadt war 2008 Vorreiter für die Landstrom-Versorgung von Schiffen. Jetzt kämpfen nur noch die Grünen und Fridays for Future für mehr Versorgungsleitungen im Lübecker Hafen. Die Verwaltung, die Hafenwirtschaft und die meisten Politiker setzen auf einen anderen Energieträger – Flüssiggas (LNG).

Die TT-Line, die mit ihren Fähren bis zu acht Mal am Tag den Lübecker Hafen anläuft, habe LNG-Schiffe bestellt, berichtete Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) jüngst in der Bürgerschaft: „Die ersten werden 2022 im Lübecker Hafen anlegen.“

Landstrom sei für Häfen mit vielen Kreuzfahrern sinnvoll, sagt Lindenau und zählt Hamburg, Kiel und Rostock auf. Denn Kreuzfahrer würden stundenlang an den Anlegern festmachen. Die RoRo-Fähren, die den Lübecker Hafen prägen, hätten nur Liegezeiten von drei bis maximal fünf Stunden. Kreuzfahrer dagegen spielen in Travemünde kaum eine Rolle.

 

(„Landstrom ist für Kreuzfahrer sinnvoll“, sagt Bürgermeister Jan Lindenan (SPD), „Kreuzfahrten sind aber nicht das Kerngeschäft des Lübecker Hafens und werden es auch nicht sein.“)

 

Der Kieler Hafen hat seine erste Landstromanlage nach eigenen Angaben im Mai 2019 am Norwegenkai in Betrieb genommen und versorgt dort die Fähren der Reederei Color Line. Die zweite Anlage, mit Anschluss an Ostseekai und Schwedenkai, geht 2020 ans Netz. Der Rostocker Hafen baut seit Herbst 2019 in Warnemünde eine Landstromanlage.

Seit April 2018 betreibt die Hamburger Hafenbehörde HPA eine Landstromanlage am Cruise Center Altona. Zwölf Mal wurde der Kreuzfahrer „Aidasol“ in der zurückliegenden Saison mit Ökostrom von Land aus versorgt, neun Mal erfolgte eine Vollversorgung – dabei wurden die schiffseigenen Generatoren während der gesamten Liegezeit in Hamburg heruntergefahren und das Schiff wurde am Liegeplatz emissionsfrei versorgt. In der Kreuzfahrtsaison sind 22 Anläufe fest durch die „Aidasol“ geplant, zudem Testanläufe neuer potenzieller Landstromkunden. Hamburg setzt aber auch auf Flüssiggas (LNG).

Die Landstromanlage, die Lübeck 2008 am Nordlandkai installierte, roste vor sich hin, sagt Lindenau. Die Leitung sei kaum genutzt worden. Den Antrag der Grünen, dass Lübeck nach dem Vorbild der anderen Häfen die Landstromversorgung ebenfalls deutlich ausbaut, hatte der Wirtschaftsausschuss schon vor Corona versenkt. Nicht zuletzt, weil Fachleute von der Hafenbehörde LPA und der Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG) von enormen Investitionen gesprochen hatten.

Allerdings will eine breite Mehrheit in der Bürgerschaft nicht alles beim Alten belassen, sondern andere umweltfreundliche Energien für den Schiffsantrieb prüfen lassen. Die Verwaltung soll bis zum Herbst einen Bericht vorlegen, „mit welchen Anreizen und Maßnahmen Reeder dazu bewegt werden können, während der Liegezeiten im Lübecker Hafen Energie aus umweltfreundlichen Energiequellen zu beziehen.“ Neben LNG soll auch über Wasserstoff nachgedacht werden.

Für die Versorgung der Schiffe mit Liquefied Natural Gas (LNG) ist bereits ein Standort für einen Tank am Anleger 8a des Skandinavienkais im Gespräch. „Der Ausbau könnte in mehreren Stufen erfolgen, um mit Umstellung der Schiffe im Ostseeraum Schritt zu halten“, heißt es im aktuellen Hafenentwicklungsplan der Hansestadt. Die Hafenbehörde LPA sucht nach einem Unternehmen, das eine LNG-Bunkerinfrastruktur für Schiffe aufbaut und betreibt. Weiter ist die Hafenbehörde nach eigenen Angaben bei der LNG-Versorgung von Lastwagen. Eine LNG-Tankstelle am Skandinavienkai werde gebaut.

Quelle/Text: Kai Dordowsky/LN

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