Lübecks Fahrgastschiffer dürfen dank der Corona-Lockerungen ab Montag den Betrieb wieder aufnehmen. Die meisten werden es auch tun. Aber wirklich glücklich macht sie das noch nicht.

An der Nachfrage liege es nicht, sagt Sabine Andreenko. Sie ist bei der Quandt-Linie, die Ausflugsfahrten auf der Trave und dem Elbe-Lübeck-Kanal anbietet, für die Buchungen zuständig. Fünf große Schiffe, vier davon überdacht, liegen seit Wochen ungenutzt am Anleger vor der Musik- und Kongresshalle. „Wir hatten ganz viele Stornierungen, aber mittlerweile auch wieder Anfragen. Die Leute möchten unbedingt wieder fahren.“ Am Montag soll es endlich wieder losgehen.

Quandt-Linie: Begrenzter Neuanfang

Es wird ein eng begrenzter Neuanfang mit strengem Hygienekonzept. Mindestens 100 Passagiere passen normalerweise auf eines der Quandt-Schiffe. Mit den Corona-Beschränkungen werden es eher um die 20. „Tja, aber wissen Sie, irgendwann muss man ja mal anfangen“, sagt Sabine Andreenko, „das können Sie jeden Restaurantbesitzer fragen. Man muss ja gesehen werden in der Wirtschaft.“

Wakenitz: Zwei statt drei Fahrten täglich

Auch Melanie Quandt von der Wakenitz-Schifffahrt Quandt – trotz gleichen Namens und Verwandtschaft nicht geschäftlich mit der Quandt-Linie verbunden – will nicht länger warten: „Ich steh’ hier wie ein Pferd mit scharrenden Hufen und warte, dass es losgeht. Wir legen auf jeden Fall ab Dienstag wieder los.“ Täglich außer montags, zwei statt drei Fahrten am Tag, mit strengem Hygienekonzept: Nur jeder zweite Tisch wird besetzt, nicht mehr als zwei Familien an einem Tisch, nicht mehr als zehn Personen zusammen. Sie rechnet mit der Hälfte der normalen Fahrgastzahl pro Schiff. „Die Schiffe kosten Geld, wenn sie liegen“, sagt sie. „Die Fixkosten sind die gleichen. “

95 Prozent Stornos

Der wirtschaftliche Einbruch ist für die Schifffahrtsunternehmen noch lange nicht ausgestanden. „95 Prozent aller Busunternehmer haben storniert“, sagt Melanie Quandt. „Ich habe noch drei Buchungen für September, sonst haben alle storniert. Ein Busunternehmer hat gebucht, aber auch nur mit 20 Leuten, weil er mehr nicht fahren darf.“ An Fahrgästen, die einzeln kommen, verdient sie wenig: „Die nehmen vielleicht mal eine Tasse Kaffee oder ein Stück Kuchen, und das war’s.“ Trotzdem gibt es für sie keine Alternative zur Wiederaufnahme des Betriebs: „Und wenn wir nur 100 Euro einnehmen, das sind 100 Euro, die wir sonst nicht hätten.“
Amphibienbus: Warten auf die Freigabe

Helge Gabriel betreibt die zwei Ausflugsschiffe der Cityschifffahrt und den Amphibienbus von Splashtour. Er fühlt sich von Behörden und Politik gleich zweimal alleingelassen: „Erst letzte Woche haben sie erwähnt, dass die Schiffe wieder fahren können. Die Busunternehmen kriegen noch nicht mal Antworten“, klagt er. Er hat seinen Bus mit Zwischenwänden aus Plastikplane ausgestattet, aber auf die Zulassung wartet er noch. Von seinen beiden Schiffen lässt er vorerst nur eines fahren.

„MS Hanse“: Anfang mit Stundenfahrten

Die „MS Hanse“ in Travemünde wird zunächst nur die Stundenfahrten anbieten. Die Linienfahrten nach Lübeck beginnen voraussichtlich am Mittwoch nächster Woche.

Stühff: Vorerst keine Fahrten

Gabriele Stühff, deren Unternehmen von der Obertrave aus Barkassenfahrten anbietet, lässt ihre Schiffe vorerst liegen. „Ich muss wissen: Wie kann ich fahren, unter welchen Voraussetzungen?“ Sie rechnet damit, dass die Fahrgäste anderthalb Meter Abstand voneinander halten müssen. „Wir haben gestern alles durchgemessen“, sagt sie. „Auf dem größeren Schiff könnten wir sieben Leute mitnehmen. Ich würde sehenden Auges in ein Minus reinwirtschaften.“

Für die Gastronomie gibt es einen Leitfaden vom Wirtschaftsministerium. Für die Fahrgastschifffahrt gibt es etwas Vergleichbares nicht. Gabriele Stühff wollte genau wissen, welche Bedingungen für ihre Branche gelten werden. Sie wurde von der Wasserstraßen- und Schifffahrts-Direktion in Kiel ans Lübecker Gesundheitsamt verwiesen und vom Gesundheitsamt ans Wirtschaftsministerium. Sie hat dem Bürgermeister und dem Wirtschaftsminister geschrieben und hat nichts erfahren, was sie zufriedengestellt hätte.

Ministerium: „Es sind immer dieselben Regeln“

Harald Haase, Sprecher des Kieler Wirtschaftsministeriums, versteht die Aufregung nicht: „Es gelten dieselben Vorschriften, die auch für die Gastronomie gelten“, sagt er. „Die sind seit acht Wochen bekannt. Es sind immer dieselben Regeln, daraus lässt sich alles herleiten.“ Die endgültige Verordnung der Landesregierung wird für den Sonnabend erwartet.

Quelle: LN/ Hanno Kabel

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