Lübecks älteste Bruderschaft, die Schiffergesellschaft, hat einen neuen Chef. Kapitän Paul Bauer übernimmt das Amt von Sven Stemmler. Die Gilde sucht noch Nachwuchs.

(Freude über den Förderpreis: Paul Bauer (v. l.), Clara Antonie Weimer und Sven Stemmler. Foto: Frank Höhne)

 

Der bisherige Vizechef der Schifferbrüder, Kapitän Paul Bauer, ist neuer Ältermann von Lübecks ältester Gilde. Sein Amtsvorgänger, der Lotse Sven Stemmler, hat sich aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Wahl gestellt. Erstmals hat die Schiffergesellschaft einen Förderpreis ausgelobt. Die mit 1000 Euro dotierte Auszeichnung ging nach dem traditionellen Reis & Curry-Essen an Clara Antonie Weimer.

Erstmals nach Ausbruch der Pandemie konnte die Gilde im Restaurant Schiffergesellschaft wieder am Tisch feiern. „Die Tradition werden wir auch weiterhin leben“, sagte der neue Ältermann. Nach wie vor ist seine Bruderschaft, darunter ist auch eine Schifferschwester, auf der Suche nach dem Nachwuchs. „Wir hoffen, dass wir mit der Preisträgerin eine gute Fürsprecherin unseres Wirkens gewonnen haben“, so Bauer.

Seemannsschmaus: Reis & Curry

Zum traditionellen Reis & Curry-Essen nach der Jahresversammlung begrüßte Stemmler etwa 60 Honoratioren – Gäste aus Lehre und Forschung, der Politik, Kultur, Vereinen und Verbänden aus Handel, Wirtschaft und Verkehr, der Fischerei, der Kirche und den Behörden.

Clara Antonie Weimer räumt Preis ab

Unter vier Bewerbungen konnte sich Clara Antonie Weimer durchsetzen. „Sie sind eine sehr engagierte Persönlichkeit, auch eine passionierte Seglerin, waren auch Jugendtrainerin“, sagte Stemmler. Weimer ist auf großen Containerschiffen in der weltweiten Fahrt zur See gefahren. Außerdem hat sie eine Ausbildung zum Schiffsmechaniker absolviert. Weimer besuchte die Seemannschule auf dem Priwall und studiert an der Hochschule Flensburg den Bachelor-Studiengang: „Seeverkehr, Nautik und Logistik“. Für Weimer spreche außerdem: „Die Preisträgerin setzt sich in einem Männerberuf durch.“

Dramatische Autobiografie eines Seemanns

„Wir wünschen allen Studierenden der Seefahrt, Sie eines Tages als Kapitän bei uns begrüßen zu dürfen“, rief der bisherige Ältermann Stemmler aus. Aber kein Schifferbrüder-Schmaus ohne Schiffergeschichte: Stemmler wagte einen Blick in die Autobiografie des Schiffskapitäns Peter Hansen und erzählte aus den 1800er Jahren. Hansen beschrieb „mehr lebensbedrohliche Situationen, als wir alle zusammen in unseren Leben je erleben werden. Hoffentlich!“, so Stemmler. Schwere Stürme, lecke Schiffe, Kaperer, willkürliche Einkerkerungen, Meutereien, Hinrichtungen, Säbelkämpfen und vom und Schmuggel. Auch von unzähligen Ausbrüchen von Gelbfieber und anderen Krankheiten, an denen viele seiner Kameraden verstarben.

Ältermann: „Lasst uns positiv gestimmt bleiben“

Allein die Anzahl der Kriege und Seuchen, der Hinrichtungen und körperlichen Strafen, die willkürliche Entscheidungen lokaler Machthaber wie auch die unzähligen Kaperungen, die Hansen mit ansehen oder erleben musste, zeigten, dass die zivilisierte Welt doch erheblich weiter gekommen und menschlicher geworden sei. „An vielen Stellen erfahren wir auch von menschlichem Zusammenhalt, von gegenseitiger Hilfe und Barmherzigkeit. Wenn wir uns angesichts von Corona und dem Ukraine Krieg heute um 50 Jahre in der Entwicklung unserer Zivilisation zurückgesetzt fühlen, so dürfen wir doch vermuten, dass es sich nur um ein Zwischental handelt, dass wir gerade durchwandern.“ Vielleicht würden einige der jüngeren Gäste noch erleben, wie die Welt zusammenfinde und sogar den Klimawandel in den Griff bekomme. „Lasst uns also positiv gestimmt bleiben“, rief Stemmler aus.

 

Quelle: Rüdiger Jacob/LN


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